Bericht aus der
vom 14. Januar 2003
Die alten Jazz-Hasen sind
noch ganz schön knackig
Tonspur-Konzert im TiF:
Das Urgestein-Quintett bei einer Jam-Session mit dem Nachwuchs
der Big Band Bremerhaven
Von unserem Mitarbeiter
Thorsten Meyer
Bremerhaven
Das hat man davon, wenn
man als Probengast zu laut mitsummt. Tonspur-Organisator Norbert Duwe
wurde vom Jazzquintett Urgestein gleich für drei Nummern
ans Mikrofon geholt. Die fünf Bremerhavener Jazzmusiker der ersten
Nachkriegsstunden sorgten im Theater im Fischereihafen (TiF) mit der
Big Band Bremerhaven für ein Treffen der Jazz-Generationen. 353
Lebensjahre bringen die Mitglieder von Urgestein zusammen,
aber ihre Musik ist alles andere als Schnarchnasen-Swing oder Altherren-Dixieland.
Pianist Hans Tychsen hat
für seine Truppe feine Arrangements geschrieben, in denen die sattsam
bekannten US-Swingstandards (darunter Caravan, Satin Doll
und Desafinado) durch verschlungene Nebenmelodien und schlanke
Begleitungen spannend gehalten werden. Auch walzten die fünf ihre
Einzelauftritte nicht endlos aus. Lothar Rettig schoss in bester Ben-Webster-Manier
seine Soli auf Tenorsaxofon und Klarinette auf den Punkt genau ab. Heinz
Neumanns Gitarrenspiel gefiel durch flüssige Singlelines wie durch
kompakte Begleitungen. Das rhythmische Rückgrat bildeten Klaus
Barck am Kontrabass und Schlagzeuger Wolfgang Krause.
Krause sorgte für einen
stetigen, variablen Beat. Barck bestach durch ideenreiche Variationen
seiner Walking-Bass-Linien, und führte charmant durchs Programm,
etwa mit kleinen Auszügen aus dem Jazz-Knigge: Es langt nicht,
dass man sich die Schuhe geputzt hat, die Instrumente müssen auch
stimmen. Für einige Nummern trat Isabella Haberbosch ans
Mikrofon. Die Vokalistin übertrieb es allerdings mit den amerikanischen
Manierismen und konnte auch wegen der starken Fixierung auf ihre Textblätter
nicht gänzlich überzeugen. Der Besuch hätte sich aber
allein schon dafür gelohnt, Tychsen dabei zu beobachten, wie er
das im Jazz eher unübliche Akkordeon vorbildlich in den Swingsound
der Gruppe integrierte.
Die Mitglieder der Big Band
Bremerhaven zeigten danach, dass auch sie bis fünf zählen
können. Mit Take five hatten sie einen von mehreren
Klassikern mitgebracht. Blues, Latin (Oye como va), die
obligatorische Ballade (Misty) und Klassiker wie A
Night in Tunesia und Woodchoppers Ball bildeten die
stilistischen Eckpfeiler ihres Auftritts. Spannende Posaunensätze
Bandleader Frank Mehrtens arbeitete mit seinen drei Damen und 15 Herren
viele Details der facettenreichen Arrangements heraus. Die Tücke
lag im Detail, wie er augenzwinkernd zugab: Wenn es schneller
wird, wird es auch lauter. Es gelang Mehrtens aber doch, das dynamische
Spektrum abwechslungsreich zu gestalten, wenn auch die harmonische Feinzeichnung
zugunsten des kompakten Gruppensounds zurücktrat. So hatten die
spannenden Posaunensätze gegen die knackigen Riffs und Fills der
vier Trompeter kaum Chancen sich zu entfalten. Bei solistischen Beiträgen
empfahl sich am meisten der zupackende Trompeter Jan Thiele.
Sängerin Kathi Tiedtke
zeigte bei vier Stücken (charmant: A foggy Day) technische
Behändigkeit und gestalterisches Geschick. Auch wenn nicht jedes
Stück optimal zu ihrer Stimmlage passte, war sie die Chefin im
Ring. Zum Schluss kam es mit Sweet Home Chicago zur gemeinsamen
Jam-Session mit Tychsen, Rettig und Barck. Rettig ließ es noch
mal richtig knacken, Uli Framke ließ die Mundharmonika jaulen,
und den zünftigen Trompeten-Battle mit Hartmut Schieck entschied
Jan Thiele klar für sich. So lebendig ist der Jazz in Bremerhaven,
quer durch die Generationen.
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